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Blindenfuehrhund-Labrador-Maja

Alltag eines Blindenführhundes

Hündin Maja führt blinde Fintherin sicher durch den Alltag

Handicap Die 18 Monate alte Labradorhündin Maja ist für Miriam Ossig unverzichtbar – Für rund 20 000 Euro ausgebildet

Finthen. Zu Erblinden ist für die meisten Menschen eine der schlimmsten Vorstellungen. Miriam Ossig, verheiratet und Mutter eines Sohnes, ist seit ihrer Geburt sehbehindert. Derzeit hat sie noch fünf Prozent Sehvermögen. Damit sieht sie bei Tag noch schemenhafte Umrisse. In der Dunkelheit ist sie komplett blind. Hinzu kommt, dass ihr Hörvermögen ebenfalls eingeschränkt ist. Um sich im Alltag zurecht zu finden und vor allem den anderthalb stündigen Weg zur Arbeit zurückzulegen, ist die Physiotherapeutin aus Finthen daher auf Hilfe angewiesen.
In ihrer freundlich eingerichteten Wohnung funktioniert die Orientierung problemlos. Auf der Straße musste sie sich bisher ausschließlich auf ihren Blindenstock verlassen. Jetzt erhält sie Unterstützung von der 18 Monate alten Labradorhündin Maja. Maja ist ein Blindenhund. Sie hilft im Straßenverkehr, bei Türen, Treppen, Bus- und Zugeingängen, vor Hindernissen oder Baustellen und schützt ihre Besitzerin sogar vor nahenden Autos oder Straßenbahnen.
Will Miriam Ossig die Straßenseite wechseln, reicht das Kommando „Rüber, such Bord“ an ihren Hund und Maja begleitet sie sicher über die Straße. Bekommt Miriam Ossig nicht mit, dass ein Auto kommt, stellt sich der Hund sogar vor sie. Selbst das Bedienen des Auskunftsschalters an der Bushaltestelle hat Maja schon gelernt. „Such Schalter“, sagt Miriam Ossig und Maja drückt mit ihrer Pfote auf den entsprechenden Knopf an der Infosäule.
Maja wurde von der Hessischen Blindenführhundschule Blickpunkt ausgebildet. Dort hat sie nicht nur Gehorsam gelernt, sondern auch geübt, intelligent und selbstständig Entscheidungen zu treffen.
Bis zu 1500 mal werden dabei Situationen wiederholt, in denen der Hund Hindernissen ausweichen und Gefahren erkennen muss. Entscheidet er richtig, gibt es Lob, sonst ein strenges „Nein“. Dadurch kann Maja jetzt richtig auf Gefahren reagieren und sich sogar dem Blinden widersetzen, wenn der ein anderes Kommando gegeben hat.
Pro Jahr werden in der Schule 12 bis 14 Hunde ausgebildet, hauptsächlich Labrador Retriever, Schäferhunde oder Königspudel. Das sind Hunde, die hochintelligent und kaum aggressiv sind und stark an eine einzelne Person gebunden sind – beste Eigenschaften für die Blindenführung.
Um bis zu drei Hunde kümmern sich die fünf Trainer in der Schule parallel. Die Ausbildung eines Blindenhundes kostet in einer deutschen Blindenführhundeschule etwa 20 000 bis 25 000 Euro, das ist europäisches Mittelfeld. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen.
Die Ausbildung der Blindenführhunde ist kein anerkannter Lehrberuf. Das heißt, jeder der möchte, kann ohne einen Nachweis der Qualifikation Hunde zu Blindenhunden ausbilden. Das führt dazu, dass oftmals auf billigere Blindenführhunde aus Osteuropa gesetzt wird. Sie kosten immer noch bis zu 18 000 Euro und bieten dabei keine Anleitung der Blinden an den Umgang mit dem Hund und keine Nachbetreuung.
Dabei ist gerade die längere Betreuung für blinde Menschen besonderes wichtig, da auch ein Blindenhund, wie jeder normaler Hund auch, Erziehung, Freizeit und Auslauf braucht.
Ohne die intensive Betreuung durch die Hundeschule ist der Blinde hier auf sich alleine gestellt – schwierig, vor allem, wenn es, wie im Fall von Miriam Ossig, der erste Hund ist.
Mindestens dreimal täglich ist Miriam Ossig mit Maja unterwegs, auch zum Einkaufen und zur Arbeit in die Praxis nimmt die Physiotherapeutin sie mit. Wo Hunde eigentlich verboten sind, gilt für Blindenhunde eine Ausnahmeregelung, da ihre Besitzer auf den Hund angewiesen sind. Neben den Gefahren durch Straßenverkehr und Baustellen können auch andere Hundebesitzer ein Problem für Miriam Ossig sein.
Wenn sich die Hunde beschnüffeln, der Blindenhund gestreichelt oder gefüttert wird, ist er abgelenkt und kann den Blinden nicht mehr führen. Hundebesitzer sollten ihre Hunde daher kurz anleinen und den Blinden hinweisen: „Achtung, ich habe einen Hund dabei.“
Es ist beeindruckend, wie tapfer Miriam Ossig den Alltag meistert. Sie wirkt lebensfroh und glücklich, trotz ihrer Einschränkungen. Dabei kann mit Kleinigkeiten, wie dem Satz „Es ist grün“ an einer Fußgängerampel, oder ein Hinweis, wo die Zug- oder Bustür ist, ihr und allen anderen Blinden und Sehbehinderten ganz leicht geholfen werden.

Blindenführhund Labrador Maja
Mirjam Ossig – Maja

Veröffentlicht: 24.12.2012

Thorsten Gores

www.mainzer-rhein-zeitung.de