
Bericht Einarbeitung und Übergabe eines Blindenführhundes
Februar 2014
Yogi, mein neuer Führhund, ist eine echte Bereicherung für die Familie
Bereits bei den ersten Treffen mit dem uns in Aussicht gestellten neuen Führhund erlebten wir alle Yogi als freundlich-lieben und quirligen schwarzen Schäferhund kennen. Die wenigen Zentimeter, welche ihm zu einem großen Rüden fehlen, machte er sogleich wett mit der Ausstrahlung eines nicht enden wollenden Interesses und einer riesigen Energie.
Bei einem kleinen Kennenlern-Spaziergang folgte er unmittelbar und begeistert den Anweisungen der Trainerin Anuschka. Ohne Probleme lies Yogi zu, dass ich die lange Leine übernahm. Ruckelte er bisweilen beim Laufen neben mir, folgte er an meiner Tochter Seite sogleich auch unausgesprochenen befehlen. Ja, so unser klares Votum, Yogi passt zu uns!
Nun galt es „nur“ noch, das Training für das Führen eines blinden Menschen, also für mich, fortzusetzen, das Kastrieren zu terminieren und die Übergabe abzuwarten. Lieber hätten wir allerdings Yogi direkt mit nach Hause genommen, ein mit Blick auf die noch nicht abgeschlossene Ausbildung unmögliches Verlangen.
3 schier ewige Monate später, mitte Dezember, schien es endlich soweit. Die Termine für das gemeinsame Training als Team, das so genannte „Gespann“, wurden fokussiert – und wegen einer parallel zu beendenden Einarbeitung verschoben, erneut vereinbart und letzt endlich eingehalten. Also fuhr die Trainerin mit „unserem“ Hund im Auto endlich Mitte Januar bei uns vor. Yogi durchquerte – mit dem Befehl „lauf“ befreit –den Garten, stürmte im Haus die Treppen hinauf und herunter und durchmaß die zugänglichen Räume. Dann hatte ersein Revier fürs‘ Erste abgesteckt.
Die nun folgende Woche der Einschulung war gekennzeichnet von einem raschen Wechsel der Orientierung: zunehmend interessierte sich Yogi für mich als neues zu führendes Herrchen, das Abends zurück kommende Frauchen und die sofort zum Spielen animierende Tochter. Wesentliche gute Leistungen wie das Umgehen diverser Hindernisse, das Ausweichen bei niedrigen und hohen Sperren oder der Schutz vor einem Absturz klappten von vorne herein sehr gut. Stetig verbesserte sich die Fürleistung nach meiner Ansage und die Korrekturen Anuschkas wegen meines oder Yogis Fehl/Verhaltens – etwa das überlaufen von Bordsteinen – wurden von Mal zu Mal weniger.
Gemeinsam mit der Trainerin trafen sich Yogi und der schon sehr lange bei uns lebende Westhighland-Terrier „Charlie“ zunächst „auf neutralem Boden“ auf der Straße, danach – unterlegt mit ruhigen positiven Worten – im nun gemeinsamen Garten. Als dann im Haus jeder seinen Platz und (getrennt) das abendliche Futter erhalten hatte, war das friedliche Miteinander geregelt und Yogi trauerte nicht, als die Trainerin abends ging,.
Unser erstes gemeinsame Wochenende war für alle sehr erfreulich. Yogi holte sich Streicheln und Spielen ab, animierte zu mehr und genoß das Zusammensein. Der erste Freilauf, zunächst am Fuß,bald darauf mit „lauf, yogi“ erweitert, verlief problemlos. Begeistert rannte er wenige meter vor und hinter uns umd um uns herum, beachtete jeden Richtungswechsel und fand zum werfen geeignete Stöcke. Dabei zeigte er, wie schnell er sein kann; in Sekundenschnelle rast er weite Strecken hin und zurück, und es dauert eine geraume Weile, bis er wegen dieses Tobens zu hecheln beginnt.
In der zweiten Woche verfestigte sich das sichere Führen an der kurzen Leine und im Führgestell. Freudig ging ich bekannte und , nun auch gelegentlich ohne Trainerin, für Yogi neue Wege. Groß war dabei seine Neugier, das Interesse für alles am Wegesrand und alle Menschen, Hunde und Kaninchen. So folgte schon einmal eine Korrektur einer Ermahnung, einleichtes Ruken an der Leine einem deutlichen „ab!“ oder „nein!“. Die Erfolge lassen sich sehen:
Auch die gesenkte Halbschranke beim Bahnübergang wird nun nicht mehr unterlaufen, dass Passieren Anderer verbessert sich und laut blaffende Hunde können bereits etwas deutlicher ignoriert werden. Das Führen zu bekannten Gebäuden und Plätzen wird von Mal zu Mal sicherer und selbstverständlicher. Yogi findet Ziele wie das Rathaus oder den Bahnhof sehr gerne, erspürt S-Bahntüren, Sitzbänke und zeigt Treppen, Bordsteine und Ampeldrücker an. Und natürlich weiß er auch, wo wir zuhause sind, schon fast egal, von wo wir zurück kehren, und kennt unser geparktes Auto.
Abschließend nach jeden Gang gibt es viel Lob und Streicheln, bei egennassem Fell und Dreckpfoten verbunden mit massierendem Rubbeln mit einem großen Handtuch. Und dann – ohne Führgestell und Kenndecke – ist meistens noch Zeit zum Spielen. Also suchen wir aus: Stöckchen (ein ganz schön starkes Aststück) oder die dicke Seil-Zottel. Wenn diese oft genug zurück gebracht und in die Hand ausgegeben wurde, geht es hinein ins Haus und auf seinen Platz.
Als bei einem letzten gemeinsamen Laufen an lockerer Leine Yogi plötzlich eine tiefe Schnittwunde im Ballen hatte, versorgte die Trainerin die Wunde vorsorglich. Aber wegen des weiteren Blutens war die Pfote zu verbinden. Ruhig ließ Yogi meine Frau am Abend die Wunde säubern und verbinden, dabei unaufhörlich anerkennend ihre freie Hand leckend. So und mit tierärztlicher Unterstützung war die Pfote bald wieder geheilt und das Vertrauen in Frauchen unerschütterlich gefestigt.
Heute, am Ende der 3. Woche der Einarbeitung, stellt sich die Frage, was zu tun bleibt, um verläßlich Yogis beste Führleistung zu erhalten. Er ist eher sensibel; scharfe Worte und hartes Rucken beim Führen braucht er nicht; ein Mittelmaß ist ausreichend. Ein baldiges Lob für richtig-Machen versöhnt uns bei Nachlässigkeiten und hebt die ohnehin große Arbeitsfreude. Und ein Leckerchen zur rechten Zeit ist die Krönung unterwegs.
Yogi hat bei seiner ersten Party, welche er bei uns gerade erlebte, gezeigt, dass er ein freundlicher Hund und sehr gerne in unserer Mitte ist. Stört das, bleibt er brav auch seinem Platz im Flur, kommt aber sofort wieder freudig in die Runde, wenn es erlaubt wird.
Zunehmend wird für Yogi das Warten zur Routine, wenn er mich zu Terminen im Rahmen meiner politischen Arbeit begleitet. Nahe bei mir unter dem Tisch ist Ausharren trotz vielerlei Reden oder Applaus abverlangt; es gilt, die Ruhe zu bewahren, abzuschalten und auf das Ende und den Heimweg zu warten. Der kann ja wieder interessant sein, endet auf jeden Fall mit Spielereien wie Werfen der Frisby-Scheibe oder Zottel oder Verstecken im Garten.
Obwohl man von einem Schäferhund eher erwartet, Fremden gegenüber eher abweisend zu sein, lässt Yogi jeden Ankömmling passieren. Doch die Erfahrung lehrt, dass er sehr wohl auf „seine Menschen“ achtgibt; bei einem Angriff wüßte er bestimmt, sich einzubringen. Wir alle haben dementsprechend unsere Freude an Yogi als unserem neuen Familienmitglied und er findet bei uns eine Aufgabe, Herausforderung, Belohnung und reichlich Spiel- und Kuschelgelegenheiten. So bleibt er ausgeglichen, munter und bereit, mich jederzeit aufmerksam zu führen, wohin ich will.