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Blindenhunde brauchen Abstand

Hilfreiche Vierbeiner

Blindenhunde brauchen Abstand

Manuela Knors mit ihrer fünfjährigen Hündin Stella. Der Labrador trägt ein Führhundgeschirr. Durch das Glöckchen am Halsband weiß Knors auch zu Hause stets, wo ihr Hund ist.

Manuela Knors ist blind und auf ihren Labrador angewiesen. Im ST erklärt sie Verhaltensregeln.

Von Anja Kriskofski

Mit einem freundlichen Schwanzwedeln begrüßt Stella die Besucher. Die schwarze Labradorhündin lässt sich gerne kraulen. Innerhalb der eigenen vier Wände sind Streicheleinheiten erlaubt, draußen sollten sie für Fremde jedoch tabu sein. Stella ist ein Blindenführhund, ihre Besitzerin Manuela Knors ist auf sie angewiesen. „Ohne Hund bin ich wenig mobil“, sagt die 56-Jährige. Vor 100 Jahren wurde in Deutschland der erste Vierbeiner systematisch zum Führhund ausgebildet. Das Jubiläum nimmt der Solinger Blinden- und Sehbehindertenverein zum Anlass, um über den richtigen Umgang mit Blinden und ihren Führhunden aufzuklären.

Manuela Knors erkrankte als Kind an der Stäbchen-Zäpfchen-Dystrophie, mit 25 Jahren war sie vollständig erblindet. Über das Leben mit ihrer Behinderung und wie andere damit umgehen sollten, spricht die Diplom-Sozialpädagogin bei Schulungen. Die richten sich an Mitarbeiter von Krankenhäusern, Seniorenheimen und anderen Einrichtungen. Knors besucht auch Grundschulen. Im Blinden- und Sehbehindertenverein Solingen kümmert sie sich um die Öffentlichkeitsarbeit.

Die Mutter von zwei erwachsenen Kindern hat seit 25 Jahren einen Blindenführhund. Die fünfjährige Stella ist ihr dritter Labrador. „Ich erlebe im Alltag, dass die Menschen sehr offen sind.“ Dennoch gebe es Verhaltensregeln, die ihr den Alltag erleichtern. Dazu gehört, dass Außenstehende draußen auf Distanz bleiben sollten. Das heißt: den Hund nicht locken, nicht anfassen, nicht ans Geschirr greifen. Vor allem andere Hundehalter sollten mit ihren Vierbeinern auf Abstand bleiben, indem sie etwa die Straßenseite wechseln. Denn bei ihrer „Arbeit“ sind Stella keine Kontakte zu Artgenossen erlaubt. Sie soll sich ganz darauf konzentrieren, mit Knors sicher ans Ziel zu kommen.

„Das ist Teamarbeit“, stellt die Halterin klar. Denn Stella macht zwar vor Hindernissen Halt. Wie es dann weitergeht, entscheidet jedoch Manuela Knors. Mit dem Blindenstock tastet sie dann, ob eine Mülltonne im Weg ist oder ob sie vor einer Treppe steht. Beim Gang über die Straße weist sie Stella an: „Such’ Ampel“. „Doch ich kontrolliere, ob ich tatsächlich an einer Ampel stehe oder nur an einem Laternenpfahl.“ Die Straße überquert Stella erst dann, wenn Manuela Knors ihr das Kommando dazu gibt.

Auch beim Einkauf und auf dem Weg zum Arzt ist die Solingerin auf ihren Labrador angewiesen. Blinde bräuchten mit ihrem Hund auch dort Zutritt, wo Tiere normalerweise nicht zugelassen seien. „Inzwischen wissen aber die meisten Bescheid.“ Stellt sich jemand quer, sucht Manuela Knors das Gespräch.

Jeder Fehler des Hundes muss korrigiert werden

BLINDENVEREIN

MITGLIEDER Rund 80 Mitglieder hat der Blinden- und Sehbehindertenverein in Solingen. Er berät Betroffene und erstellt eine Hörausgabe des Solinger Tageblatts.

BLINDENFÜHRHUNDE Geeignete Rassen sind Labrador, Schäferhund, Golden Retriever und Großpudel.

www.bsv-solingen.de

Sechs Blindenführhunde gebe es in Solingen. Sie können als „Hilfsmittel“ bei der Krankenkasse beantragt werden. Voraussetzung ist ein Orientierungs- und Mobilitätstraining, das der Halter vorher absolvieren muss. Stella wurde von einer Führhundschule ausgewählt. Rund drei Wochen haben sich Manuela Knors und ihre Hündin mit einer Trainerin eingearbeitet. Seitdem sind sie allein unterwegs. Übersieht der Hund etwa einen Bordstein oder lässt sein Frauchen eine Tür anrempeln, muss die Situation wiederholt werden. „Eigentlich ist jeder Führgang ein Übungsgang.“

Solinger Tageblatt 01.01.2016